Ein Offener Brief
an astronomische Abteilungen, Institute und Vereinigungen: Definiert Nachhaltigkeit als primäres Ziel unserer Arbeit!
Translation provided by Florian Freistätter, edited by Leo Burtscher
Wir, Astronom*innen, Astrophysiker*innen und globale Bürger*innen, erkennen die Dringlichkeit der Klimakrise und unseren Einfluss darauf. Wir erkennen außerdem, dass wir die Möglichkeit haben, unser gegenwärtiges Verhalten zu ändern. Wir rufen astronomische Institutionen auf der ganzen Welt dazu auf, bei Klimaschutzmaßnahmen mit gutem Beispiel voran zu gehen: Durch Nachhaltigkeit als vorrangiges Ziel, durch das Setzen von Maßnahmen um die Kohlenstoffemissionen zu verringern und durch die Kommunikation dieser Aktivitäten sowohl an ihre eigenen Mitglieder als auch an die Öffentlichkeit.
Umfangreiche wissenschaftliche Beweise zeigen eindeutig, dass ein Klimanotstand herrscht, der rasches Handeln erfordert [1,2]. Sowohl das Pariser Abkommen [3] und der UN Emissions Gap Report von 2020 [4], machen deutlich, dass ein Stopp der globalen Erwärmung und der Ozeanversauerung notwendig ist. Dieses Ziel kann nur durch eine sofortige und andauernde Verringerung der globalen Treibhausemissionen erreicht werden. Ansonsten werden wir uns nicht nur einer durch ein Massensterben ausgelösten Biodiversitätskrise stellen müssen, sondern auch einer humanitären Krise, die durch die immer lebensfeindlicher werdenden Bedingungen auf der Erde verursacht wird [5]. Mit unserer derzeitigen Rate an Emissionen werden wir diese Katastrophe nicht verhindern können [1] – trotz der Einschränkungen durch die Covid-Pandemie [6].
Astronom*innen benötigen (elektrische) Energie aus fossilen Brennstoffen für Berechnungen am Computer, den Betrieb von Teleskopen und für Reisen. Unsere Arbeitsmethoden erzeugen einen großen CO2-Fußabdruck [7]. Die Klimakrise bedroht auch die Beobachtungsbedingungen für erdgebundene Teleskope. Wenn die Zukunft der Astronomie sichergestellt werden soll, dann müssen wir die jetzt stattfindende Umweltkrise und unsere Rolle bei ihrer Verursachung anerkennen [8, 9, 10, 11]. Wir haben die Kraft, unser Verhalten zu ändern, Bewusstsein dafür zu schaffen und zusammen nach Lösungen zu suchen.
Als Teil der wissenschaftlichen Gemeinschaft stehen wir hinter der wissenschaftlichen Evidenz, die den menschengemachten Klimawandel belegt. Wir erkennen den Einfluss der astronomischen Forschung auf das Klima an und wir verpflichten uns umgekehrt zu einer schnellen Dekarbonisierung unseres Forschungsfeldes. Wie akzeptieren die Verantwortung die mit der uns anvertrauten Rolle im Bildungssystem und der Gesellschaft einhergeht und nutzen sie, um Bewusstsein für die Einzigartigkeit und Verletzlichkeit unseres Heimatplaneten zu schaffen. Wir haben nicht mehr die Zeit, um kleine, stufenweise Veränderungen unserer Arbeitsmethoden durchzuführen. Die Umweltverträglichkeit muss in unserer gegenwärtigen und zukünftigen astronomischen Arbeit ebenso ein zentraler Bestandteil sein wie in unserem Leben.
Deswegen rufen wir dazu auf, dass…
-
…astronomische Abteilungen, Institute und Vereinigungen auf der ganzen Welt ihre Arbeit nachhaltig gestalten.
-
…astronomische Gesellschaften und Verbände Umweltverträglichkeit als vorrangiges Ziel in ihre Statuten aufnehmen.
-
…diese Veränderungen innerhalb und außerhalb der Astronomie breit kommuniziert werden.
Die Klimakrise reicht über Landesgrenzen und die die Grenzen einzelner Gemeinschaften hinaus. Wir fordern die astronomische Gemeinschaft dringend dazu auf, gemeinsam zu handeln und als Vorbild zu wirken. Die Zeit zu handeln ist jetzt. Es gibt keinen Planeten B.
Unterzeichnet:
Astronom*innen für den Planeten Erde
[2] Lenton, T.M., Rockström, J., Gaffney, O., et al. Climate tipping points – Too risky to bet against. Nature 575, 592-595 (2019)
[3] Adoption of the Paris Agreement. Paris, 2015. United Nations Framework Convention on Climate Change. Available from https://unfccc.int/resource/docs/2015/cop21/eng/l09r01.pdf
[4] United Nations Environment Programme (2020). Emissions Gap Report 2020. Nairobi. Available from https://www.unep.org/emissions-gap-report-2020
[5] Steffen, W., Rockström, J., Richardson, K., Lenton, T. M., et al. Trajectories of the Earth System in the Anthropocene. Proceedings of the National Academy of Sciences, 115 (33) 8252-8259 (2018)
[6] Le Quéré, C., Jackson, R.B., Jones, M.W., et al. Temporary reduction in daily global CO2 emissions during the COVID-19 forced confinement. Nature Climate Change 10, 647–653 (2020)
[7] The climate issue. Nat Astron 4, 811 (2020)
[8] Cantalloube, F., Milli, J., Böhm, C. et al. The impact of climate change on astronomical observations. Nature 4, 826-829 (2020)
[9] ESO green policy (2019) https://www.eso.org/public/about-eso/green/
[10] Matzner C.D., Cowan N.B., Doyan R., et al. Astronomy in a low Carbon Future. Canadian Long Range Plan for Astronomy and Astrophysics White Papers, LRP2020 (2019)
[11] Williamson K., Rector T.A., and Lowenthal J. Embedding Climate Change Engagement in Astronomy Education and Research. Astro2020: Decadal Survey on Astronomy and Astrophysics, APC white papers, no. 49; Bulletin of the American Astronomical Society, 51, Issue 7, id. 49 (2019)